Hallo Friedrich,
du machst es dir fast so einfach, wie die beteiligten Politiker
Ja, das ist ein Problem, wenn man versucht, sich zu komplexen Themen eine Meinung zu bilden. Das gilt aber für beide Seiten. Da bin ich mir ziemlich sicher...
- die Aquarianern "könnten" also Schuld sein? Oder vielleicht die Apfelschneckenzüchtereien, die das Fleisch als Weinbergschneckenersatzfleisch verkaufen, weil es Feinschmecker danach dürstet, oder, oder, oder...
Die genannte Aquarien-Zuchtstation könnte durchaus eine Apfelschneckenzucht für Feinschmecker gewesen sein. Letztlich wird keiner mehr herausfinden, wie die Tiere in die freie Wildbahn kommen. Und es ändert auch nix am Problem.
Mich stört allerdings ein wenig, wenn per se die Möglichkeit ausgeschlossen wird, dass Aquaristik das Problem verursacht haben könnte. Wir sollten uns immer vor Augen halten, dass Aquaristik Probleme verursachen kann und wir Verantwortung tragen.
Dies ist doch nur ein Anfang. Welche Zollbeamte kann denn eine junge Apfelschnecke von ähnlichen Schneckenarten unterscheiden?
Ehrlich gesagt kann ich Dir das nicht beantworten, weil ich es nicht weiß. Und wegen eben dieser Problematik empfinde ich den Beschluss als recht "Aquarianerfreundlich" . Aufgrund der schlechten Unterscheidungsmöglichkeit für Laien, wäre auch ein komplettes Verbot für nicht-heimische Schnecken durchaus im Bereich des Möglichen gewesen.
Und wenn dann die Krebse wegen P. clarkii & Co. (auch besonders wegen der Reisfelder im Süden der EU), dann tut sich hier ein ähnliches Problem auf und man nimmt ganz einfach alle Krebse mit. Von den Fischen und Garnelen werde ich jetzt nicht auch noch anfangen, das führt zu weit - aber Bestrebungen gibt es sehr wohl in diese Richtung.
Eben nicht... Im vorliegenden Beschluss hat man nicht alle Schnecken verboten, sondern nur die Gattung Pomacea.
Ehrlich gesagt, halte ich eine ähnliche Regelung bezüglich amerikanischer Krebse für durchaus denkbar. In der Schweiz haben wir doch das beste Beispiel direkt vor der Haustür. Dort ist die Haltung sämtlicher nicht-einheimischer Decapoden grundsätzlich erstmal bewilligungspflichtig. Darunter fallen alle Krebse, Krabben und Garnelen. Bei Krabben und Garnelen ist die Haltung in Aquarien wohl mittlerweile geduldet. (Leider habe ich den aktuellen derzeitigen Stand nirgends finden können, da es wohl eine gewisse Grauzone gibt.)
Aufgrund solcher Beispiele bin ich recht froh, dass der vorliegende Fall relativ spezifisch verordnet wurde. (Ich habe immer noch die Forderung nach einem generellen Exotenhaltungsverbot im Kopf.)
Weißt du, ich sehe das ja auch aus dem beruflichen Blickwinkel hinsichtlich der Zukunftsperspektiven.
Natürlich weiß ich das. Wobei ich gedacht hätte, dass Du als Großhändler eher an fallspezifischen Lösungen interessiert bist, die noch genügend Freiraum lassen. Die Auswirkungen dieses Beschlusses kann doch noch keiner absehen.
Es ist durchaus denkbar, dass durch den Wegfall der Gattung Pomacea andere Schnecken in den Fokus rücken. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass eine erhöhte Nachfrage nach anderen, größeren Schneckenarten (Rennschnecken, Geweihschnecken etc.) die wegbrechende Apfelschneckennachfrage auffängt. Aufgrund fehlender privater Nachzuchtmöglichkeit besteht sogar die Möglichkeit von Umsatzsteigerungen im Handel.
Aber das ist ebenso fiktiv wie eine mögliche existenzbedrohende Auswirkung des Beschlusses.
Zum einen dürfen wir innerhalb der EU mit unseren Steuergeldern andere Regionen/Länder bezuschussen und dieses Geld (Stichwort Schuldenschnitt) fehlt dann hier, zum anderen nehmen solche EU-Beschlüsse ungeahnte Ausmaße an, die auch mich/uns in der Existenz bedrohen können.
Du verzeihst mir, wenn ich mich hier nicht auf eine rein polemische, politische Diskussionen einlasse. Das ist was für den Stammtisch und hat mit dem konkreten Fall nur sehr wenig zu tun.
Und auch wenn du es vielleicht anders siehst, viele EU-Richtlinen (Mindestgröße für bestimmte Obstsorten mal als ganz blödes Beispiel), sind doch für jeden vernunftbegabten Menschen überhaupt nicht nachvollziehbar. Da fallen manche Jahrhunderte alte Sorten komplett durch das Raster und dürfen nicht mehr gehandelt werden, sterben sogar aus.
Da geb ich Dir vollkommen recht. Aber ich sehe irgendwie den Zusammenhang nicht, zwischen Obstmindestgrößen und Maßnahmen zum Schutz der Natur. Und nur, weil es reichlich bescheuerte Richtlinien und Beschlüsse gibt, sollen jetzt gar keine mehr gefällt werden?
Aber das mal nur in aller Kürze, die Diskussion ist ja noch jung.
Weißt Du, was mich an der ganzen Diskussion stört?
Es gibt ein Problem.
Pomacea insularium/canaliculata-Plage im Ebro-Delta...
Dieses existiert wohl schon eine ganze Weile, denn wir wissen alle, dass es lange bis zu einer Entscheidung/einem Beschluss dauert.
Warum hat man hierzulande erst durch diesen Beschluss vom Problem erfahren? Haben unsere Aquarianer-Verbände, Aquaristik-Zeitschriften etc. alle keine Verbindung nach Spanien? Evtl. hätte man durch frühzeitige Information Alternativlösungen ausarbeiten können. Wobei hier Alternativvorschläge ja auch sehr rar gesät sind.
Warum steht immer im Fokus, dass es jetzt ein paar tausend Aquarianern verboten ist Apfelschnecken zu verbreiten, die Ursache und die Wirkung aber nicht genannt wird? Die Auswirkungen und Kosten der bisherigen Bekämpfungsversuche kann ich nicht beurteilen. Mir ist nur bekannt, dass Toxine, Absammeln, Austrocknung des kompletten nördlichen Ebro-Deltas usw. bisher erfolglos waren. Ich denke, jeder kann sich vorstellen, dass die Bekämpfungsversuche bestimmt nicht immer positiv für das dortige Ökosystem waren.
Ich bin wahrlich kein Umweltaktivist. Aber einem bestehenden Problem muss man, meiner Meinung nach, begegnen. Totschweigen oder Niederreden hilft uns nicht weiter.
Viele Grüße aus Koblenz,
Kay