Hallo Stephan, hallo Leute!
stephan_rlp wrote:
ich habe für Werner nun einige Exkuvien sowie ein verstorbenes Tier der von Christian angesprochenen Wildfang-Hummel gesammelt und in Brennspiritus eingelegt.
Als Reaktion auf die immer wieder aufflammenden Diskussionen bezüglich der Zuordnung der New Bee Garnelen hat Stefan mir vor ein paar Tagen einige Exuvien männlicher Tiere und ein totes Weibchen einer als ?New Bee Typ II? gehandelten Population zur Untersuchung zugeschickt.
Die morphologischen Merkmale dieser Tiere, insbesondere die Form und Bezahnung des Rostrums und die Form der ersten männlichen Geschlechtsanhängsel (Endopoden des ersten Schwimmbeinpaares) passen exakt zu den Angaben von
Caridina huananensis Liang, 2004.
Das Typusmaterial dieser Art soll lt. Angaben eines Kollegen von der National University of Singapore ja ein (einzelnes?) Exemplar einer schwarz-weiß gebänderten Garnele aus einer Zoohandlung in Shanghai sein.
Das Rostrum dieser Art ist charakteristisch kurz, nur bis zum Ende des ersten Antennenbasissegmentes reichend, dorsal (oberseitig) unbezahnt und trägt am Unterrand (ventral) nahe der Rostrumspitze einen einzelnen Zahn.
Rostrum einer weibl. New Bee Typ II
Eines der zugesannten Exemplare zeigte ein gänzlich unbezahntes Rostrum.
Das Endopod PL1 von
C. huananensis und der jetzt untersuchten New Bee Typ II ist schlank blattförmig und 3,1-3,3 (lt. Liang bei huananensis 3,2) mal so lang wie breit.
Erstes Schwimmbein beim Männchen
Die in anderen Zuchten von ?Hummelgarnelen? beobachtete hohe Variabilität in der Ausbildung und Bezahnung des Rostrums mit dorsalen Zähenen und der Endopoden konnte bei dieser Linie der ?New Bee Typ II? nicht beobachtet werden. Das dürfte in erster Linie darauf zurückzuführen sein, dass diese Tiere als relativ reine Zuchtline gezogen worden sind.
Entsprichen die untersuchten Tiere in den wichtigsten Bestimmungsmerkmalen Rostrum und Endopoden exakt den Angaben von
C. huananensis, so weichen sie in anderen wie etwa den Längenverhältnissen des Scaphozeriten (L/B 2,7-3,0 vs. 3,2 bei
huananensis), den Längenverhältnissen am dritten Schreitbeinpaar oder an den 2. Sexualanhängen deutlich ab und entsprechen hier den Angaben die in der Literatur für
Caridina breviata, ebenfalls einer Art aus Südchina, gemacht werden. Das habe ich auch bereits bei anderen untersuchten Hummelgarnelen und einfärbigen Tieren aus Südchina feststellen können und angeregt,
C. huananensis als jüngers Synonym von
C. breviata zu betrachten:
Caridina breviata aus Südchina
Ebenfalls ausgelöst durch Diskussionen in diesem Forum und in Printmedien habe ich von Carsten Logemann vor einigen Wochen etliche Exuvien und einzelne tote Tiere von ?Red Bees? und Mischlingen zwischen diesen und der Crystal Red Garnele für morphologische Vergleiche bekommen.
Die zugesannten Red Bees und die Mischlinge waren morphologisch nicht zu unterscheiden. Beide Tiere entsprachen in ihrer Morphologie der Bienengarnele und ihren diversen Farbformen, sind damit in die Artengruppe um
C. serrata und hier in die Nähe von
Caridina cantonensis zu stellen.
Vergleicht man die von mir untersuchten Red Bees aus der Zucht der Brüder Logemann mit verschiedenen Farbformen der Biene zeigen sie eine ähnlich geringe Varabilität wie ich sie vor Jahren bei den ?Colorbienen? aus der Zucht von Gerd Voss gefunden habe. Auch der dort auftretende Sexualdimorphismus am ersten Scherenbein findet sich in ähnlicher Form bei den Red Bees wieder.
Das Rostrum der Red Bee unterscheidet sich deutlich von jenem der New Bee:
Rostrum einer Red Bee aus der Zucht von C. Logemann.
Erstes Schwimmbeinpaar beim Männchen
Morphologische Merkmale verschiedener Stämme der Bienengarnele wurden von mir schon vor längerem auf den AGW Seiten publiziert, ich bitte die Bilder dort zum Vergleich heranzuziehen:
Die serrata Artengruppe
Von den New Bees Typ II oder den Hummelgarnelen unterscheiden sich die Tiere in einigen Merkmalen, wie der Ausformung und Bezahnung des Rostrums, der Länge des Stylozeriten (einer seitlichen Schuppe an der Antennenbasis), der Form des Endopods am ersten Schwimmbeinpaar der Männchen und der Bedornung des mittleren Teiles des Schwanzfächers (Telson). Auch die Bedornung des Endgliedes 5. Schreitbeinpaares (56-61Dornen bei der New Bee Typ II vs. 19-34 Dornen bei den Red Bees) ist deutlich unterschiedlich. Auch bei den Längenverhältnissen der Schreit und Scherenbeine finden sich leichte Unterschiede.
Lt. dem japanischen Garnelenexperten Mori ist die Red Bee ein Kreuzungsprodukt zwischen der Crytal Red Garnele und eines Wildfanges einer New Bee.
Morphologisch kann ich keine Hinweise finden, die auf eine derartige Kreuzung hindeuten würden. Allerdings muss in diesem Zusammenahang auch gesagt werden, dass bei einer Hybridisierung dieser beiden Arten (
C. breviata/
huananensis mit
C. cf.
cantonensis) nicht zwingendermaßen morphologische Merkmale beider Ausgangstiere in den Tochtergenerationen auftauchen müssen. Es wäre meiner Ansicht nach (ich bin aber weder Züchter noch Genetiker!) auch möglich, dass morphologsiche Merkmale nur von einem Elternteil weitervererbt wurden, Merkmale des anderen Elternteils aber in die Körperfärbung einflossen.
Möglicherweise wären morphologische
breviata/
huananensis Merkmale (kurzes, unbezahntes Rostrum, Endopodenform, kräftigere Schreitbeine) auch in anderen Zuchtstämmen/Grades der Red Bee zu finden. Hier muss ich meine Ausführungen selbstvertändlich auf die von mir untersuchten Zuchtlinien beschränken in denen solche nicht gefunden wurden.
Wir wissen aber auch, dass die Tiere rund um
C. cantonensis und
C. serrata in der Körperfärbung höchst variabel sind (Tigergarnele,
C. trifasciata, Bienengarnele, Tüpfelgarnele und die von Andreas Karge aus Gewässern auf Hongkong mitgebrachten Wildfänge dieser beiden Arten). Auch jüngst publizierte genetische Untersuchungen von
Caridina cantonensis aus verschiedenen Gewässern auf Hongkong und aus Südchina und ein Vergleich mit der DNA von anderen Arten dieser Gruppe (
C. serrata,
C. trifasciata) belegen einen außergewöhnlich hohen Grad an genetischer Variabilität dieser Art. So wäre es aus meiner Sicht durchaus denkbar, dass als Ausgangsmaterial bei der Zucht der Red Bee (oder auch der schwarz-weißen Bees) ein Wildfangtier aus diesem Formenkreis mit Körperfarben wie bei den New Bees/ Hummeln zum Einsatz gekommen ist. Dieses Denkmodell beruht aber auf reinen Spekulationen meinerseits und nicht auf nachprüfbaren genetischen oder morphologischen Informationen, sollte deshalb mit entsprechender Vorsicht interpretiert werden.
Morphologische Untersuchungen an anderen Populationen von ?Bee? Garnelen wären zur weiteren Abklärung durchaus sinnvoll.
Ein Teil des mit vorliegenden Untersuchungsmaterials habe ich auch an Andreas Karge weitergeleitet und bin gespannt auf seine Meinung und seine Vergleiche mit Tieren, die er beim heurigen AGW Treffen mitgenommen hat.
Unbedingt hilfreich wären natürlich auch
kontrollierte Verpaarungsversuche zwischen New Bees und Crystal Red Garnelen bei welchen die Morphologie der Ausgangstiere (und eventueller Nachzuchten) anhand der bei solchen Versuchen anfallenden Exuvien oder getöteten Tiere einwandfrei festgestellt werden müsste. Dazu wären aber streng protokollierte Verpaarungen von Einzelpaaren oder aber Paargruppen wo das Geschlecht der Ausgangstiere mikroskopisch vor einem Verpaarungsversuch festgestellt wurde notwendig. Streng genommen wäre auch eine einmalige Häutung der weiblichen Tiere in Einzelhaltung vor der Verpaarung anzudenken, um eine Befruchtung der Eier durch noch anhaftende Samenpakete von Männchen der gleichen Art auszuschließen. Nur wer führt solche Versuche durch???
Just my 2 cents
Werner