Altwasser und ein wenig Philosophie
Hallo!
jetzt mal von den Schnecken abgesehen:
Sammeln sich nicht dennoch Schadstoffe im Wasser an, wenn du nicht wechselst?
Und wenn du das Wasser nicht wechselst sondern lediglich verdunstetes Wasser wieder auffüllst, erhöht sich da nicht die Konzentration an Schadstoffen?
Man, da glaubt man als Anfänger gerade, das Grundwissen drauf zu haben, da kommt sowas...
Nach wessen Meinung soll man sich denn da noch richten können?
Liebe Grüße!
(Naja, zurück zum Thema...)
Hi Wolf
Früher hat man bewußt auf Wasserwechsel verzichtet. In den sogenannten "Altwasser-Aquarien herrschte ein super Gleichgewicht und eine stabile Wasserchemie. Auch ich habe vor 30 Jahren so angefangen und meine "alte Angewohnheit" bis heute nicht abgelegt (Ausnahmen sind natürlich Spezielfälle wie Weichwasser oder starkbesetzte Aufzuchtbecken) Wir haben das so gemacht, weil die Erfahrung damit gut waren und wir in der DDR auch keine ausgefeilte Technik besaßen. Und ich hatte immer Super Pflanzen und auch bei stramm besetzten Becken stabile Wasserwerte und Zuchterfolge auch bei Barben, Salmlern und Killifischen.
Wie es funktioniert im "Altwasserbecken" wußte ich bis letzte Woche auch nicht, ich wußte nur, daß es geht. (Und das viele Dinge in der Auquaristik von den Bedürfniss-erzeugenden Marketingabteilungen der Firmen hochgepushed werden - Dinge die die Welt nicht braucht eben)
Hier bin ich über die chemischen Zusammenhänge gestolpert:
http://www.deters-ing.de/Gastbeitraege/Altwasser.htm und es klingt plausibel und mit meinen bescheidenen Kentnissen in anorganischer Chemie kann ich keine Wiedersprüche entdecken.
Ich fahre mein Tanganika-Becken (400l) seit 5 Jahren (noch ohne HMF) mit einem Wartungsintervall meines Eheim von 6 Monaten bis einem Jahr und habe in der Zeit Vielleicht insgesamt 2000l Wasser gewechselt mal so 10-20 cm Wasser abgelassen aller 2-3 Monate. Ansonsten nur aufgefüllt. Ergebnis: 0 Nitrit, Nitrat im grünen Bereich, Wasserhärte kaum verändert im Vergleich zum Leipziger Leitungswasser. Allerdings habe ich in der Zeit kein einziges Mal Mulm abgesaugt. Mein Becken ist so gebaut, dass hinter der Rückwand für Mulm jede Menge Platz ist. Genaue Wasserwerte kann ich gern nachreichen, ich teste eher sporadisch aller halben Jahre mal, oder wenn es einen Anlaß gibt. Anlaß ist meistens eine durch einen Wasserwechsel ausgelöste Trübung oder Algen, die ich einfach überwache, aber auch das erklärt sich im verlinkten Artikel, es werden schwer lösbare Komplex-Bindungen aus dem Boden wieder ausgelöst und führen dann kurzfristig zur Trübung oder Algenwuchs.
Und die Schnecken fressen Algen und verwerten eben auch Futterreste, bevor das Zeuch vergammelt. Vergammeltes Futter ist wasserschädlicher als "Schneckendung". der ist nämlich wieder bioaktiver MULM = nützlich. (Danke an dieser Stelle für den gelungenen Thread! Ganz meine Meinung
)
Ansonsten kann ich jedem Aquarianer nur wärmstens empfehlen, sich von der Technik und allen Test nicht zu sehr in Beschlag nehmen zu lassen und mal wieder auf sein Bauchgefühl zu hören. Aquarianer sein heißt nämlich nicht, regelmäßig seine Tests in ein Buch zu schreiben und ständig an den Wasserwerten rumzurühren. Aquarianer sein heißt: Geduld, Ausdauer und ganz wichtig: auch mal LOSLASSEN können. (Stoff)Kreisläufe und - gleichgewichte haben (auch in der Natur) eine Eigendynamik und kommen am besten klar, wennn man ihnen Rahmenbedingungen vorgibt und sie ansonsten in Ruhe machen läßt. Aquarianer sein heißt für mich auch: Seine Tiere und Pflanzen zu kennen, zu beobachten und frühzeitig und langsam gegenzusteuern (weniger Besatz, weniger Futter, Fastetage etc.). Und eine Algenblüte oder eine Mulmwolke sind kein Beinbruch, sie gehören dazu. Nicht umsonst brauchen Aquarien unter Umständen Jahre, bis sie perfekt sind, auch bei Herrn Amano
Nuja, das musste mal raus
und vielleicht führt das bei allen mitlesenden Aquarien-Neulingen
(²) zu ein wenig mehr Gelassenheit und Sicherheit im Umgang mit der Flut von Werbeversprechen der modernen Aquarienindustrie, die doch zu einem großen Teil eigentlich ihren Geldbeutel meinen, wenn Sie "superwichtig für ein funktionierendes Aquarium sagen") Das Handwerkszeug für einen Aquarianer ist simpel und gute und kompakte Bücher gibt es zu Hauf, der rest ist gesunder Menschenverstand und Erfahrunsaustausch mit Gleichgesinnten.
(² Anfänger ist ein Wort was ich ziemlich herablassend finde und das eigentlich nur schlechte Zoo-Händler zum Herausstreichen der eigenen Wichtigkeit und Profitmaximierung sowie "Fastnoch-Neulinge" benutzen die mit einem gesunden Halbwissen strahlen wollen. *das war sarkastisch gemeint - um flames vorzubeugen! *
In diesem Sinne,
Mit fröhlichen Grüssen Eru