Wunderte mich trotzdem, dass selbst die als robust und bei schlechten Bedingungen wuchernden Pflanzen so zimperlich sind ...
Hallo,
das würde ich jetzt mal gar nicht so sagen, mit dem zimperlich. Du hast die Pflanzen jedoch in eine Extremsituation gebracht, bei der die Rahmenbedingungen nicht zusammenpassen bzw. man eigentlich nicht sagen kann, was da im Becken passiert:
1. Beleuchtung
Vorausgesetzt, das die Lampe wirklich 3100 Lumen hat (manche Hersteller "runden" da ja gern mal sehr großzügig und dann immer nach oben
), so sind das bei 60L fast 53 Lumen/Liter. Das ist ne Menge, und eigentlich müsste der Stoffwechsel der Pflanzen damit auf Hochturen laufen, allerdings brauchts beim Auto zum Vollgas fahren auch genügend Benzin im Tank, sprich bei den Pflanzen sollten ausreichend Nährstoffe im richtigen Mengenverhältnis zueinander zur Verfügung stehen, sonst ist das viele Licht eher eine Belastung, denn ein Nutzen für die Pflanzen. Bei gesunden Blattpflanzen sieht man auch recht schön, wenn sie erstmal genug Licht haben, weil sie dann ihre Blätter versuchen möglichst längs zur Lichtquelle zu stellen und teilweise Blätter auch von den Rändern einrollen, um die Einstrahlungsfläche zu verringern.
2. Düngung
Bei der Nährstoffversorgung gilt immer das Liebig´sche Minimumprinzip, welches aussagt, dass immer die am wenigsten vorhandene oder fehlende Düngekomponente die Limitierung darstellt.
In deinem Fall ist das definitiv das Phosphat, welches du gar nicht zudüngst.
Dennerle kenn ich nicht, soll aber ganz gut funktionieren.
Genau dieses "Soll funktionieren" ist hier wahrscheinlich das Problem, denn das Dennerle Düngesystem ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Fischbecken mit moderater Beleuchtung ausgelegt. Zumindest vermute ich das, denn Dennerle betreibt die größte Wasserpflanzen-Gärtnerei Europas, und ich denke dort ist bekannt, dass Pflanzen auch Phosphat benötigen. Phosphat sucht man in der Zusammensetzung des Düngesystems aus V30, S7 und E15 jedoch vergebens. Also halte ich es für vorstellbar, dass Dennerle davon ausgeht, dass das Phosphat aus anderer Quelle zur Verfügung steht, um die Pflanzen zu ernähren.
Phosphat im Aquarium stammt eigentlich immer aus den Ausscheidungen der Bewohner, wobei man in Bezug auf die Phosphatmenge natürlich auch einen Blick auf die Anzahl und Art der Bewohner werfen muss: Der carnivor täglich gut ernährte und fröhlich vor sich hin sch.. Barsch oder der große bunte Guppy-Schwarm hinterlassen natürlich deutlich mehr Phosphat im Rückstand, als die 15 Shrimps, die alle 2 Tage mal einen Futterpad oder Brennesssel-Stick wegraspeln.
Es ist auch bekannt, dass Soil ein Phosphatsauger sein kann und in Soilbecken daher Phosphatmangel auftreten kann. Du schreibst zwar, dass der Soil bereits 4 Monate alt sei, aber das bedeutet nicht, dass er keine Nährstoffe mehr zieht, denn wenn das Aufnehmen von z.B. Phosphat in einem Soilbecken nachlässt, dann hat das eigentlich nichts mit der verstrichenen Zeit, sondern einfach mit der Menge des inzwischen aufgenommenen Stoffes zu tun.
Konnte der Soil in der Vergangenheit nur wenig Phosphat aufnehmen, weil eben keines da war, dann hatt er natürlich immer noch "Hunger" und zieht das Phosphat mal eben sportlich weg.
Daher mal die Vermutung, dass das Dennerle-System eher auf Fischaquarien mit moderater Beleuchtung und ohne Soil ausgelegt ist, und deswegen jetzt nicht funktioniert.
3. CO2 und Easy Carbo
Der CO2 Wert ist schon mal sehr schön, aber auch hier gilt das Minimum-Gesetz des Herrn Liebig, die Pflanzen haben nix davon, wenn die restliche Düngung nicht dazu passt.
Easy Carbo ist kein Dünger, ist irgend ein Medikament oder Desinfektionsmittel und würde ich nicht verwenden. Funktioniert aber gegen einige Algen bei direktem einnebeln mit der Spritze.
Beim Easy Carbo handelt es sich um Glutaraldehyd, welches auch, allerdings höher konzentriert, zu Desinfektionszwecken eingesetzt wird. Im Aquarium soll es zur CO2 Versorgung beitragen, da es bakteriell abgebaut wird und dabei wird unter Sauerstoffverbrauch CO2 frei, welches den Pflanzen zur Verfügung steht. Der Hersteller empfiehlt 1mL auf 50L pro Tag zur CO2 Zusatzdüngung, man kann es aber auch höher dosieren, um damit Algen zu bekämpfen. Allerdings sollte man sich da dann auch nichts vormachen, denn Algen sind niedere Pflanzen, aber eben auch Pflanzen, und wenn das EC sich auf Algen auswirkt, so wirkt es natürlich auch auf andere Pflanzen.
Eigentlich sollten sich die 2,5mL nicht so stark auf die Pflanzen auswirken, aber wahrscheinlich hast du sie auf dem linken Fuss erwischt: nicht passend gedüngt, stark beleuchtet, neue Wasserwerte und jetzt noch das EC oben drauf.
Dein Moos sieht nämlich so aus, wie ich das von Pflanzen nach EC-Kur kenne.
Der Plan:
1. Wassertest für Nitrat und Phosphat beschaffen
2. Dennerle Düngesystem erstmal weglegen, weil es schwierig ist in ein geschlossenes System zu düngen
3. Einzelkomponenten Nitrat und Phosphat beschaffen
4. Eisenvolldünger beschaffen
Jetzt mit der Düngugn starten:
1. Phosphatwert auf 0,2 mg/L hochbringen. Dazu den NPK-Dünger verwenden, und einfach nach geschätzter Wassermenge dosieren.
2. Nitrat und Phosphat messen
3. Phosphat mit Einzelkomponente nachdüngen, wenn nötig
4. Nitrat mit Einzelkomponente auf 10-15mg/L anheben
5. Einen Tag warten
6. Eisendünger so dosiert zugeben, dass der Fe-Wert rechnerisch bei 0,1 mg/L zu liegen kommt
7.Phosphat messen, um rauszubekommne, ob der Soil es wegsaugt bzw. es verbraucht wird
8. Ist das Phosphat weg, mit Einzelkomponente nachdüngen
9. Am nächsten Tag Phosphat messen, ggf. weiter mit Punkt 8
10. Woche ist rum: 50% Wasserwechsel, danach weiter bei Punkt 2
Und jetzt abwarten, ob sich die Sache einpegelt.
VG vom Himalaya
Yeti