Hallo Stefan,
was meint Dein Bekannter mit "Barschbecken"? Viele süd- und mittelamerikanischen Buntbarsche können durchaus im Gesellschaftsbecken gepflegt werden, wie Du es ja plantest. Vermutlich spielt Dein Bekannter auf ein Becken mit afrikanischen Buntbarschen an. Da gibt es sehr schöne Tiere aus dem Malawisee, die für Dich überhaupt nicht in Frage kommen sollten, weil Dein Becken dafür zu klein ist. Alternativ kommen Tiere aus dem Tanganijkasee in Frage - auch die werden aber meistens zu groß. Schneckenbuntbarsche könnten angehen. Die zeigen ein recht interessantes Revier- und Brutverhalten, wenn sie nicht durch andere Fische gestört werden, sind allerdings optisch nicht unbedingt ein Blickfang.
Der Satz, dass man "langfristig mehr zu gucken" hätte, macht mich etwas stutzig. Überlege bitte noch einmal in Ruhe, was Du mit Deinem Aquarium möchtest. Geht es Dir um besondere Verhaltensweisen origineller Fische? Möchtest Du eine besonders schöne Fischart kultivieren? Möchtest Du eine regional typische Landschaft (Amazonas, Ganges, Niger) nachempfinden oder einfach einen ästhetisch schönen Unterwasserraum herstellen?
Je nachdem, wie Deine Antwort lautet, ergeben sich Unterschiede für Deinen Besatz:
a) Originelle Fische: Das können Labyrinthfische sein, die ein Schaumnest bauen, Salmler/Barben, die ein interessantes Schwarmverhalten zeigen, Buntbarsche, die ihr Revier abstecken und verteidigen, oder als Maulbrüter interessant sind, Antennenwelse, die sich an Scheiben oder Pflanzen festsaugen usf. Wichtig ist, dass es eine Besonderheit ist, die Dich fasziniert und die Du auch in einem Jahr noch originell/interessant findest. Natürlich kommen hier auch andere Tiere als Fische in Betracht: Krebse mit sehr individuellem Verhalten, Schwebegarnelen usw. fallen auch in diese Kategorie.
Wenn das Dein Ziel ist, überlege zunächst, ob Du eine Art nicht im Artbecken pflegen willst, weil Eigenheiten naturgemäß dann besonders hervortreten, wenn das Tier ungestört ist. Wenn ein Artbecken aus irgendwelchen Gründen nicht interessant genug sein sollte, wähle den Beibesatz danach aus, dass er Dein Haupttier nicht stört, insbesondere eine andere Beckenregion besiedelt. Auch würde ich als "Beifisch" ein farblich nicht zu auffälliges Tier wählen, um in meinem Becken genau das zu betonen, was gezeigt werden soll.
Genauere Ratschläge kann man zu dieser Zielgruppe natürlich erst dann geben, wenn Du Dein primäres Beobachtungsobjektv gefunden hast.
b) Für besonders "schöne" Fisch gilt nichts anderes. Du darfst hier vor allem nicht stören. In Deinem Fall ist etwa der Neon ein typischer "schöner" Fisch, den man im Schwarm zeigen will. Nimm lieber 20 Tiere als die Wirkung durch einen anderen schönen Schwarmfisch zu beeinträchtigen. Wenn Du zwei "schöne" Fischarten pflegen willst, achte darauf, dass sie zueinander kontrastieren, damit sie sich nicht gegenseitig die Wirkung stehlen. Zu Neons passen etwa Beilbauchfische, weil die durch ihre bizarre Form von vornherein "anders" sind und die Aufmerksamkeit nicht von den Neons ablenken. (Natürlich setzt Du Beilbauchfische nur ein, wenn sie Dir gefallen und Dein Becken eine Abdeckung hat, weil die Tiere gern springen)
c) Wenn Du ein Landschaftsbecken kultivieren willst, denke zunächst über Pflanzen und Dekoration nach. Für den Amazonas typisch sind die herrlichen Echinodorus-Arten, cabomba aquatica und ähnliches. Du kannst hier schöne Kontraste zwischen roten und grünen, großen und kleinen Pflanzen und verschiedenen Blattformen bilden. Wegen der ausgeprägten Solitärpflanzen wirst Du hier meistens eine Landschaft haben, in der einige prächtige Lebewesen hervorstechen und zur Gletung kommen. Das gilt auch für die Fische: ich würde im mittleren/oberen Bereich auf ein oder zwei Salmlerschwärme (bei 80cm Beckengröße besser ein Schwarm) und in der unteren Region entweder auf Panzerwelse (nicht zu wenige) oder eine Kombination von Buntbarschen und Antennennwelsen abstellen. Die Kombination von Panzerwelsen und Zwergbuntbarschen ist hingegen nicht immer glücklich.
Die asiatischen Becken haben meist einen ganz anderen Charakter: viele Stengelplfanzen (hygrophilia), Moose und ggf. Schwimmpflanzen führen zu einem "verkrauteten" Becken mit vielen Verstecken und einer urwaldartigen Athmosphäre. Nicht die einzelne Pflanze wird betont, sondern das Pflanzenreich, das sich in Deinem Becken entwickelt. ES sind dies Aquarien, vor denen man lange sitzen kann und immer wieder etwas "entdeckt", was auf den ersten Blick nicht zu sehen war. Umgekehrt bestechen diese Becken aber erst bei genauem Hinsehen und wirken sonst vielleicht überladen oder unordentlich. Fische gehören hier natürlich auch hinein: ein Schwarm Barben, ein Paar Labyrinthfische (Vorsicht: nicht alle Barben vertragen sich mit allen Fadenfischen, denkbar wäre aber etwa eine Kombination aus Honiggurami und Eiland- oder Keilfleckbarbe) und kleinbleibende Schmerlen oder Dornaugen könnten sich in Deiner Beckengröße wohlfühlen. Wenn die Bepflanzung dicht genug ist, sollten auch einige Red-Fire-Garnelen überleben können.
Afrikanische Becken sind schon schwieriger: Becken aus dem Bereich Malawisee oder Tanganijka-See habe ich bereits angesprochen. Diese Becken sind meist unbepflanzt, weil die afrikanischen Buntbarsche sehr grob mit Pflanzen umgehen. Westafrika bietet einige schöne Pflanzenarten, etwa ammonia gracilis, doch ist die Auswahl geringer als bei den Amerikanern oder Asiaten. Wenn Du freilich einen Hang zum Filigranen hast, könntest Du ein schönes Artbecken mit Prachtkärpflingen einrichten.
d) Natürlich musst Du Dich nicht an die Natur und ihre Kontinente halten: Du kannst auch ein schönes Becken einrichten mit Tieren und Pflanzen, die sich in der freien Natur nie begegnen würden. Die ästhetischen Grundprinzipien bleiben aber die gleichen: überlege, ob Du einzelne "schöne" Tiere/Pflanzen betonen möchtest, in welchem Falle Du dezente andere Lebewesen um diese herum gruppierst, oder eine Gesamtwirkung erzielen willst, die dann von den Kontrasten lebt.
Vielleicht habe ich an Deinen Bewdürfnisse vorbeigeschrieben, was mir leid täte. Der Spring von "Neon/Panzerwels" zu "reinem Barschbecken" schien mir aber so gross, dass ich meinte, es wäre sinnvoll, noch einmal grundsätzlich darüber nachzudenken, wie Du zu Deinem Besatz kommen möchtest.
Bei Bedarf gern mehr!
Gruß
Algerich
