... Im Becken sind doch vermutlich alle nötigen Bakterienstämme vorhanden ...
Moin madt,
lassen wir mal die Bakterienstämme "im Becken" aussen vor, denn in der Wassersäule sind die wenigsten. Hier wird ja auch davon gesprochen, den neuen Filter anzuimpfen. Generell eine gute Sache, auch wenn viele Leute meinen, Filtermulm = Klärschlamm, was aber doch zwei paar Schuhe sind, da Du gerade beim Ausdrücken irgendwelcher Schwammpatronen mehr ausgefallene Mineralisationsstoffe ins Becken bringst als eigentliche Bakterien, aber anderes Thema. Gehen wir also von einem angeimpften Filter aus, egal wie ...
... Diese können als fertige Abbaukette doch einfach den neuen Filter besiedeln ...
Völlig korrekt, was auch geschehen wird. Nur hat es sich in Versuchen gezeigt, dass der erste Schritt (NH3 zu NO2-, also alles durch
Nitroso- ... ausgelöste) immer bevorzugt abläuft und dabei auch zunächst den Hauptteil des verfügbaren Sauerstoffs verbraucht. Das ist in der Vorfilterpatrone (höhere Durchströmung) weniger das Problem als im Filtertopf selber, da sich dort die Durchströmung verlangsamt und zuerst die
Nitrosomonas, etc. - ausreichende Nahrung vorausgesetzt, den Hauptanteil des Sauerstoffs verbrauchen. Die zweite Stufe durch die Nitratbakterien gerät immer ins Hintertreffen, meist tatsächlich zunächst durch die Sauerstoffbilanz.
Das ist weder hypothetisch noch Panikmache, das ist ganz einfach von einer Vielzahl von Faktoren abhängig:
- Das Gleichgewicht der unterschiedlichen Bakterienstämme. Nicht alle Nitrit- und Nitratbakterien reagieren und siedeln gleich (u.a. KUHL, 1960 und HAROLD 1966 et al.; SPIECK & WATERMANN, 2006) - was übrigens von Trägermaterial zu Trägermaterial völlig unterschiedlich ist. Und niemand von uns kann sagen, welches Gleichgewicht er im Becken hat.
- Immer zu berücksichtigen ist die Wertung des Bodengrundes - ein eingefahrener, stark angeströmter Bodengrund ist ja faktisch der Hauptfilter im Becken. Liegt ein kaum eingefahrener, schwach angeströmter Bodengrund vor, ist er zu vernachlässigen.
- Das Verhältnis der Anströmung alter Filter : neuer Filter spielt, wie oben beschrieben, eine Rolle. Hat der alte Filter einen ähnlichen Durchsatz wie der neue, ist die Gefahr geringer.
- Schlussendlich ist der Hauptfaktor das Nahrungsangebot. Bei einem sorglosen Umgang mit Futter in der Zeit einer Paralleleinrichtung führe ich halt zwangsläufig (bei einem stärker durchströmten Filter, Bodengrund aussen vor) die Nahrung dem neuen Filter zu, mit den oben beschriebenen Unwägbarkeiten hinsichtlich des Verhaltens der Bakterien in der Ansiedlung.
Zusammengefasst: Auch wenn die "Teilnehmer" Deiner Abbaukette vorhanden sind und der Tisch gedeckt ist, kannst Du nicht voraussagen, wie schnell die einzelnen Stufen ihre Arbeit aufnehmen können - und ob abhängig vom Nahrungsangebot und anderen Siedlungsflächen (alter Filter, Bodengrund) Spitzen abgefangen werden können.
Man sollte sich halt nur dieser Schritte bewusst sein, dann passiert nichts. Ich finde es korrekter, auf die Möglichkeit hinzuweisen, als anderen Leuten plump "Fachlich gesehen grober Unfug !" vorzuwerfen.
Nachtrag:
Wer noch anderen Leuten aus dem stillen Kämmerlein heraus groben Unfug vorwerfen möchte, hier ein paar Adressaten:
Unterschiede verschiedener Kunststoffe als Biofilter-Material (K
RÜNER und R
OSENTHAL, 1983; L
EKANG und K
LEPPE, 2000; S
ANDU et al., 2002),
Steigerung der Aktivität und die Überlebensfähigkeit von Nitrifikanten durch die Anheftung an Oberflächen (D
IAB und S
HILO, 1988).