Hallo,
beim Lesen der bereits getätigten Posts kamen mir die Frage in den Sinn, angefangen damit wie das Messen verschiedener Wasserwerte überhaupt einen Sinn ergeben soll, wenn man nicht weiß, was die einzelnen Wasserwerte bedeuten?
Jeder Wert, den man irgendwo messen kann (nicht nur im Aquarium) bekommt erst durch seine Interpretation im Kontext eine Aussagekraft. Vorher ist das einfach nur irgendeine Zahl.
Meine Werte waren in meinen 4 Aqarien alles über 420. Das ist doch viel zu hoch oder?
Ohne zu wissen, wie die Zahl! 420 zustande kommt, ist der Leitwert eine recht nutzlose Größe. Selbst die bloße Zahl ist ohne die entsprechende Einheit wenig wert, da schließlich Leitwertmessgeräte mit Anzeige in ppm oder µS/cm auf dem Markt sind. Wie soll man also beurteilen, ob etwas "viel zu hoch" ist oder nicht?
Das Gleiche gilt für die ganzen anderen Messwerte in der Aquaristik: nur wenn ich weiß, auf welche Frage ein Meßwert ggf. die Antwort darstellt, kann ich entscheiden ob die Messung geeignet ist. Aber mal angenommen, ich wäre nun der Meinung, dass der gewählte Test für meine Fragestellung erstmal grundsätzlich geeignet ist, so stellt sich als Nächstes die Frage, ob der Test denn unter dem Gesichtspunkt der Sensibilität geeignet ist, in meinem Fall brauchbare Ergebnisse zu liefern.
Das beste Beispiel ist hier der Kupfertest, der immer wieder gern bei Problemen empfohlen wird:
1. Ist der Test geeignet um Kupfer nachzuweisen?
Ja, das ist er. Wenn ich wissen will ob Kupfer in meinem Aquarium unterwegs ist, kann ich diesen Test verwenden.
2. Ist der Test empfindlich genug?
Tja, jetzt kommt es darauf an, in welchem Bereich ich meine Ergebnisse erwarte: Dreht es sich um ein Garnelenbecken, so kann ich mir den Test getrost sparen, da die Nachweisgrenze der üblichen Aquarienkupfertests deutlich unter der für Garnelen schädlichen Konzentration.
Bis der Test etwas anzeigt, ist die Konzentration im Becken schon so hoch, dass es die Garnelen dahingerafft hat. Also ist dieser Test kein wirklich geeignetes Werkzeug zur Problemsuche im Garnelenbecken.
Ärgerlich, wenn man sich den Test auf Empfehlung angeschafft hat, denn er ist nicht in der Lage eine verwertbare Aussage für den Betrieb eines Garnelenbeckens zu erbringen.
Wobei, diese Aussage muss ich wohl relativieren: Genaugenommen hat der Test ein Ergebnis,ja sogar zwei, es hat nur nichts direkt mit dem Aquarium zu tun
a. Derjenige, der den Test empfohlen hat, weiss nicht wirklich was der Test tut und ob er Sinn macht, empfiehlt aber fleissig. Ergebnis: Die Ratschläge sind sicherlich gut und nett gemeint (kann ja ein ganz liebes Exemplar von einem Aquarianer sein), aber mit Vorsicht zu genießen.
b. Eine kleine Checkliste im eigenen Kopf ist ganz hilfreich:
1. Welche Fragestellung soll mir ein Test beantworten?
2. Welche Wasserwerte sind für meine Fragestellung relevant?
3. Kenne ich die "Normwerte" für die entsprechenden Wasserwerte in meinem speziellen Fall?
Beispiel: Phospaht wir immer mal wieder gern als Problem deklariert und verursacht angeblich Algen. Also gibts neben Phosphattests auch spezielle Filtermaterialien usw. um Phosphat aus dem Aquarium zu entfernen für teuer Geld zu kaufen. In einem Barschbecken, das nur Steine und Wurzeln enthält, weil die Tiere dazu neigen mit Pflanzen schlehct umzugehen, mag das vielleicht sein. Habe ich allerdings ein entsprechend bepflanztes Becken, so kriege ich die Algen eher, wenn kein Phosphat da ist, weil die Pflanzen unterversorgt sind und den Algen keine Konkurrenz entgegensetzen. Also ist der Phosphat nicht wirklich absolut und wir sind wieder beim Gesamtkontext angekommen.
4. Wie genau muss/will ich messen?
Habe ich mich nun für einen Wassertest entschieden, stellt sich die Frage, ob das gewählte Produkt geeignet ist in meinem Messbereich sinnvolle Ergebnisse zu liefern.
Beispiel: Nitrattest
Vergleicht man mal die Test verschiedener Hersteller anhand ihrer Auflösung (wie groß oder kleine sind die messbaren Unterschiede), so wird das recht deutlich:
a) Tetra 0 - 12,5 - 25 - 50 - 100mg/L
b) sera 0 - 5 - 10 - 20 - 40mg/L
c) jbl 0 - 1 - 5 - 10 - 20 - 40mg/L
Es gibt sicher noch mehr Hersteller am Markt, aber es soll hier genügen. Die Empfindlichkeitsstufen zeigen recht deutlich, dass man bestenfalls auf 5mg/L genau an ein Ergebnis kommt. Mehr gibt die Messmethode über Tröpfchentest (subjektiv optische Auswertung der Lunges Farbreaktion) nicht her.
Aber auch hier hilft wiederum die Frage nach dem Anwendungsbereich, denn in einem normal bepflanzten Becken sind 10-15mg Nitrat ein gutes Maß. Also muss der Test in diesem Bereich möglichst gut auflösen. Wie man sieht kann das keiner der Tests wirklich so richtig gut, alle schaffen es jedoch sich mehr oder weniger anzunähren. Bewegt sich die Ungenauigkeit im Verhältnis zum Gesamtwert im akzeptablen Bereich, kann ein Test durchaus noch geeignet sein.
5. Mögliche Störungen der Messung
Wenn ein Messwert nicht ins Bild passt, so muss ich mir zunächst Gedanken machen, ob irgendein Umstand die Messung verfälscht haben könnte und die Messung ggf. wiederholen, um einen Fehler auszuschließen. Hierzu muss ich aber das Messverfahren kennen.
Beispiel: Leitwert
Der Leitwert ist ein Ausdruck der Leitfähigkeit einer Lösung, also sagt er aus, wie gut die Ionen in der Lösung in der Lage sind Strom durchs Wasser zu transportieren. Grundsätzlich gilt: Je mehr gelöste Stoffe im Wasser, desto höher der Leitwert. Dummerweise sagt der Leitwert aber nichts über die Art der gelösten Stoffe aus, und alle Stoffe beeinflussen den Leitwert in unterschiedlicher Art und Weise.
Düngt man z.B. mit einem Kaliumdünger geziehlt auf, so kann man damit den Leitwert ganz schön in die Höhe treiben, denn viele Kaliumdünger verwenden Kaliumchlorid, da gut löslich und günstig. Chloridionen haben aber die Eigenschaft den Leitwert anteilig besonders anzuheben, da sie eine gute Ionenbeweglichkeit in Lösung besitzen. Alle anderen Ionen, die auch zum Leitwert beitragen, bleiben jedoch unverändert. Also ist der Leitwert sehr stark von seiner Interpretation abhängig, um sinnvoll sein zu können.
Ich hoffe meine Ausführungen konnten zeigen, dass "einfach nur Messen" weil das doch gut sein soll, gar nichts bringt, wenn man nicht gezielt misst.
VG vom Himalaya
Yeti