Ich gebe zu, ich war entsetzt über die Haltungsbedingungen und mein erster Gedanke war: "Der arme Fisch! Tierschutzverein rufen!" Aber - die Threaderstellerin hat um Hilfe gebeten. Und ihre Haltungsfehler nicht kaschiert. Da bringt es nichts, zu schimpfen, sondern es sind Vorschläge gefragt, wie die Haltungsbedingungen verbessert werden können. Die Threaderstellerin ist bereit, die Haltungsbedingungen vom Betta zu verbessern und ich glaube, sie ist auch darüber hinaus einsichtig.
Sich die Information zur Tierhaltung nur beim Fachhändler zu holen, erscheint heutzutage vielleicht etwas fahrlässig, war vor den Zeiten des Internets jedoch üblich. Da wurde dann allenfalls mal ein Fachbuch gelesen - das oft auch falsche Informationen enthielt. Nicht jeder heutzutage die Zeit, Lust und Fähigkeit, sich im Internet durch ein Thema durchzulesen und dort die Informations-Streu vom Informations-Weizen zu trennen. Denn leider steht im Web auch viel Mist.
Uns wurde Ende der 80-er im Aqua-Terraistik-Fachhandel empfohlen, den Außenfilter unserer Schildkrötenbecken alle zwei Wochen komplett heiß zu reinigen und auch das Glasbecken komplett zu reinigen. Auch in mehreren Büchern zur Wasserschildkröten-Haltung wurde dies empfohlen. Ihr könnt euch denken, was mein Mann und ich lange Zeit alle zwei Wochen gemacht haben... Heute schlage ich die Hände über dem Kopf zusammen, wenn ich nur daran denke. Mich tröstet zumindest, dass die Schildkröten den Landgang während dieser Zeit augenscheinlich gut fanden.
Ein anderes Beispiel aus eigener Erfahrung für Beratung im Fachgeschäft, beim Züchter und im Internet: Katzenfutter. Wäre ich diesen Empfehlungen gefolgt, bekämen unsere Katzen bestenfalls Nassfutter mit viel Zucker, für das mit süßen Kätzchen Werbung im Fernsehen gemacht wird und schlimmstenfalls ausschließlich ein Trockenfutter, in dem Fleisch nur in homöopathischer Dosis enthalten ist. Die Empfehlung "Trockenfutter ist das beste Futter für die Katzen" stammt übrigens aus einem Fachgeschäft - da sollte man doch annehmen, dass dies stimmt, zumal das Geschäft mit dem viel teureren Nassfutter mehr Geld verdienen dürfte.
Erich hat zwischenzeitlich, während ich geschrieben habe, einen Post verfasst:
Ich gehe also in ein Aquaristikgeschäft ohne irgendeine Ahnung oder Hintergrundwissen
von Pflanzen, Tieren und deren Bedürfnissen zu haben? Für mich unglaublich und unverantwortlich.
Das kommt leider immer wieder vor und hier sehe ich auch den Händler in der Pflicht. Der Kunde geht in gutem Glauben in ein Fachgeschäft und rechnet mit guter Beratung. Was kommt oft dabei raus: Ein Aquarium wird verkauft und gleich die Fische mit. Und das ist dann auch oft das, was der Kunde schon vorher im Internet gelesen hat. Warum sollte er also dem Fachverkäufer nicht glauben? Zumindest beim ersten Mal, spätestens wenn die Fische nach wenigen Wochen in den ewigen Fischgründen gelandet sind, sollte der Kunde ans grübeln kommen und andere Informationsquellen suchen.
Und ja, ich würde auch am liebsten jeden schütteln, der seine Katze nur mit Trockenfutter füttert, der einen großen Hund in einer kleinen Großstadtwohnung hält und den halben Tag alleine lässt, der seinen Betta ohne echte Pflanzen im Aquarium hat, der ein einzelnes Kaninchen zusammen mit einem einzelnen Meerschweinchen hält oder einen einzelnen Wellensittich im Mini-Käfig. Wobei in den 70-er letzteres üblich war und mir mein armer Hansi im Nachhinein noch leid tut (allerdings war er nur zum schlafen im Käfig und hatte ansonsten Freiflug).